Generation

Generationen faszinieren mich, sie bieten mir als Historiker eine Abstraktionsmöglichkeit gesellschaftlicher Entwicklungen, eine Struktur im Fluss der Geschichte. Natürlich sind ihre Übergänge fließend und ihre Merkmale nicht verbindllich, und doch verhelfen sie zu einem besseren Verständnis der sich immer schneller wandelnden Gesellschaft. Der Journalist Erik Albrecht und der Sozialwissenschaftler Klaus Hurrelmann drücken dies folgendermaßen aus:

“Weil alle Jahrgänge einer Generation zur selben Zeit aufwachsen und in der entscheidenden Phase der Persönlichkeitsentwicklung, in der Jugend nämlich, durch dieselben Ereignisse geprägt werden, bildet sich doch ein recht einheitlicher Sozialcharakter. […] Die Erlebnisse und Erfahrungen der Jugendzeit bestimmen die Interpretation späterer Ereignisse, sie atmen einen Zeitgeist und rahmen die Weltsicht. Das formt kollektive Gemeinsamkeiten.”

Seitdem ich im September 2005 mein Interesse und meine Leidenschaft für Politik und Geschichte entdeckt habe, frage ich mich tagtäglich, warum meine Generation nicht auf die Straße geht und rebelliert wie die 68er das zu ihrer Zeit taten. In den letzten 14 Jahren bin ich an der großen Mehrheit meiner Altersgenoss*innen deshalb nahezu verzweifelt.

Und dann betritt 2018/19 auf einmal Greta Thunberg (*2003) und Fridays For Future die Bühne der Welt - hunderttausende Schüler*innen bestreiken den Schulunterricht für die Rettung des Planeten. Warum waren wir Millennials dazu nicht willens oder in Lage? Wieso folgen Schüler*innen auf der ganzen Welt dem Vorbild einer 16-jährigen Klimaaktivistin? Und was macht den Charakter dieser neuen Generation aus?